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Lichtverschmutzung – Die Nächte werden Blau

Die obige Satellitenaufnahme zeigt die Beleuchtungssituation in Europa im Jahre 2016.

Bisher begegnete uns Straßenbeleuchtung oft in warmen, gelblichen Lichttönen. Doch das ändert sich zunehmend. Die neuen LED Lampen strahlen ein kaltes Licht ab, mit einem hohen Anteil im kurzwelligen (blau/violett) Spektrum und mit einer insgesamt zunehmenden Helligkeit.

Die Umstellung läuft

Der Siegeszug der LED ist weltweit in den Straßen angekommen. Immer mehr Straßenlaternen werden mit Leuchtdioden ausgestattet; auch in Deutschland. Auch wenn die Deutsche Energie-Agentur (Dena) davon ausgeht, das eine flächendeckende Umrüstung noch 20 bis 30 Jahre dauern wird, gibt es kaum eine Gemeinde, die nicht bereits angefangen hat umzurüsten. Gut 10% der Kommunen haben bereits über 80% LED Lampen. Gerade wenn erst vor wenigen Jahren eine Umrüstung auf moderne Natriumdampflampen stattgefunden hat, wie z.B. in Hamburg, ist eine schnelle Umstellung auf LED Leuchtmittel nicht wirtschaftlich. Denn was viele vergessen, ist das das enorme Einsparpotential von 90% nur im Vergleich zu Glühlampen gilt. Im Vergleich zu Natriumdampflampen der neuesten Generation ist das Einsparpotential deutlich niedriger. 

Unmut aus der Bevölkerung

Trotz allem Bewusstsein für Nachhaltigkeit sind die neuen Lampen nicht immer beliebt. Das kaltweiße, helle Licht wirkt auf viele ungemütlich, blendend und steril. In Rom, der Stadt der Liebe, beklagt man bereits der Verlust der Romantik der Nacht und in Essen protestierten Bürger gegen unangekündigt installierte LED Laternen, unter deren Licht man sich fühle „wie im Gefängnis“. In Düsseldorf hat sich eine Bürgerinitiative gegründet, die die einzigartige Beleuchtung der Stadt mit einem großen Netz aus Gaslaternen erhalten will. Und in Micheldorf in Österreich wurden 2016 die wenige Monate vorher installierten LED Lampen nach Protesten aus der Bevölkerung wieder abgebaut.

Disruption of the circadian system can have a major impact on sleep quality and daytime alertness, which in turn impacts wellbeing and safety. It is a bit like having permanent jet lag

Eine Störung des zirkadianen Systems kann erhebliche Auswirkungen auf die Schlafqualität und die Wachheit am Tag haben, was sich wiederum auf das Wohlbefinden und die Sicherheit auswirkt. Es ist ein bisschen so, als hätte man einen permanenten Jetlag.

Hinweis

Warnungen von Medizinern

Stromsparen mag vielerorts über Gemütlichkeit stehen, doch was sind die Auswirkungen des stark blauhaltigen LED Lichtes auf Mensch und Umwelt? Bereits 2016 veröffentlichte die renommierte American Medical Association (AMA) eine Warnung vor stark blauhaltigen, kaltweißen LED Lampen zur Straßenbeleuchtung. Die aktuelle Studienlage zeige einen direkten Zusammenhang von hellerer Straßenbeleuchtung in Wohngebieten mit verringerter Schlafzeit und -qualität, sowie weniger Leistungsfähigkeit am Tag und Übergewicht. Der Grund ist die hohe Hormonwirksamkeit des LED Lichtes, das die Produktion des „Schlafhormons“ Melatonin 5 mal stärker beeinträchtigt als herkömmliche Straßenbeleuchtung.

Die Empfehlung der AMA lautet daher, den Blauanteil der Lampen so gering wie möglich zu halten, indem warmweiße LEDs eingesetzt werden, die Lampen abzuschirmen, so dass tatsächlich nur die Straße selbst beleuchtet wird, und die Lampen außerhalb der Hauptnutzungszeiten soweit wie möglich zu dimmen.

Auch Public Health England (PHE), eine Abteilung des britischen Gesundheitsministeriums weist in Ihrem Jahresbericht 2017 auf diese Zusammenhänge hin, und beschreibt die Effekte des blauhaltigen Lichtes als „permanenten Jetlag“. Darüber hinaus warnt die Behörde vor möglichen Schäden an der Netzhaut, die durch das energiereiche kurzwellige Licht entstehen können.

Gefahren für den Straßenverkehr

Neben dem emittierten Spektrum können aber auch noch andere Aspekte ein Gefahrenpotential bringen. Public Health England kritisiert in seinem Jahresbericht auch die Taktung der LED Lampen auf 100 Hertz; dieses Flimmern könne bei empfindlichen Personen zu Beschwerden wie Migräne, Kopfschmerzen und Unwohlsein führen.

Nicht nur empfindliche Personen, sondern jeder Teilnehmer des Straßenverkehrs wird durch den dadurch entstehenden Stroboskopeffekt beeinträchtigt. Die Wahrnehmung von Bewegung wird durch die unterbrochenen Lichtimpulse verschlechtert, warnt PHE, und sieht darin eine Gefahr für den Straßenverkehr.

Auch die AMA sieht die Verkehrssicherheit gefährdet, in erster Linie durch das höhere Blendpotential von LED Lampen. Darüber hinaus ist bekannt, das Blaulicht im Auge stärker bricht, und so zu einer weniger scharfen Konturwahrnehmung führt. Nicht umsonst sind Nachtfahrbrillen gelb getönt, um störendes Blaulicht auzufiltern.

Lichtverschmutzung

Wie jede andere Umweltverschmutzung hat auch die Lichtverschmutzung weitreichende Folgen, nicht nur für den Menschen. Die AMA weist in ihrem Bericht explizit auch auch auf die negativen Effekte auf Wildtiere hin. Vögel, Insekten und Fische werden von LED Lampen weit stärker desorientiert als bei herkömmlicher Beleuchtung, und so werden ganze Populationen und das empfindliche ökologische Gleichgewicht in ihrem Bestand gefährdet.

Doch nicht nur Biologen, auch Astronomen kritisieren den Verlust des Sternenhimmels. Bereits 2007 fand in La Palma eine Internationalen Konferenz zur Verteidigung der Qualität des Nachthimmels und des Rechts auf Sternbeobachtung statt, 

deren Teilnehmern von politischen Entscheidungsträgern forderten, dass  ein unverschmutzter Nachthimmel, der den Genuss und die Einkehr am Firmament erlaubt, als unveräusserliches Menschenrecht gleichwertig zu allen anderen Umwelt-, Sozial- und kulturellen Rechten aufgefasst werden soll.

Satellitendaten zeigen auf beeindruckende Weise, das schon heute in industrialisierten Ländern kaum noch unbeleuchtete Gebiete zu finden sind. Doch diese Satellitendaten können noch mehr. In wissenschaftlichen Studien werden sie dazu genutzt, die Zusammenhänge zwischen nächtlicher Lichtbelastung und Krankheiten zu untersuchen.

Krebs durch nächtliche Lichtbelastung?

Wegen der oben beschriebenen Hormonwirksamkeit von Licht in der Nacht sind hormonabhängige Krebsarten wie Brustkrebs ein häufiger Forschungsgegenstand. In einer vielbeachteten Studie („Light at night co-distributes with incident breast but not lung cancer in the female population of Israel“) wurden die Brustkrebserkrankungen mit der Lichtbelastung bei Nacht, die anhand von Satellitendaten erfasst wurde, in Korrelation gesetzt.

Nach Berücksichtigung andere Faktoren wie z.B. Einkommen und ethnische Zusammensetzung der Population, wurde für die Gemeinden mit der höchsten nächtlichen Lichtbelastung ein um 73% höheres Brustkrebsrisiko errechnet. Das unveränderte Lungenkrebsrisiko diente als „Kontrollwert“, da bei Lungenkrebs

davon ausgegangen wird, dass er nicht hormonabhängig ist, und daher das Risiko unabhängig von nächtlicher Lichtbelastung ist.

Diese Studie ist ein überzeugender Hinweis dafür, dass nächtliches Licht zu höheren Brustkrebsraten führen kann, aber kein abschließender Beweis. Da der Königsweg der medizinischen Beweisführung, die doppelblinde, placebokontrollierte Studie, sich bei nächtlichem Licht schwer durchführen lässt (was würde man als Lichtplacebo verwenden?), kann die Plausibilität der Theorie nur durch eine Metaanalyse von bestehenden Studien überprüft werden („Light-at-night, circadian disruption and breast cancer: assessment of existing evidence“).

Folgende Zusammenhänge müssten sich finden, wenn nächtliche Lichtbelastung tatsächlich das Brustkrebsrisiko erhöht:

1. Schichtarbeiterinnen (Nachtschicht) müssten ein höheres Risiko haben

2. Blinde Frauen müssten ein niedrigeres Risiko haben

3. Schlafdauer (als Marker für Dunkelheitsstunden) müsste indirekt proportional zum Risiko stehen

4. Die Lichtmenge im Schlafzimmer müsste sich direkt proportional zum Risiko verhalten

5. In Bevölkerungsstudien würde sich ein Zusammenhang zwischen städtischem Beleuchtungslevel und Brustkrebsrisiko zeigen

Die Metaanalyse kommt zu dem Ergebnis, dass sich all diese Annahmen in medizinischen Studien nachweisen lassen.

Frage

Und jetzt?

Es scheint also so, als wären die neuen LED Lampen zu Recht umstritten. Gesundheit, Sicherheit und Umweltschutz auf der einen Seite, Energieeffizienz und europäische Ökodesign-Richtlinien auf der anderen. Der Siegeszug der LED scheint nicht mehr aufzuhalten, doch mit dem Wissen um die Gefahren des LED-Lichtes kann man immer noch reagieren. Nahezu alle der beschriebenen Effekte sind auf das kurzwellige, blaue Licht zurückzuführen, und so macht es Sinn, sich an der Empfehlung der AMA zu orientieren. Sowenig Licht wie möglich mit einer möglichst warmweißen Lichtquelle. Zwar haben warmweiße LED immer noch einen Peak im Blaubereich, im Vergleich zu kaltweißen Lampen jedoch deutlich geringer. Eine Abschirmung der Lampen reduziert nicht nur die Blendgefahr, sondern minimiert auch den Einfluss auf den Nachthimmel und nicht zuletzt unsere Schlafzimmer.

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